Interview mit Sergey Sovkov

Sergey Sovkov

From Russia with Love
Ausstellung von Sergey Sovkov
26. Februar – 21. März 2015

Das Interview erschien in der 70. Ausgabe des Magazins GAY.CH

Deine Werke verkaufst du in Russland an Privatpersonen. Wie kannst du trotzdem deine Bilder bekannt machen, wenn nichts im öffentlichen Raum gemacht werden darf, sprich Ausstellungen, Publikationen, etc.?

In meinem Werk ist der männliche Akt nicht das einzige Thema, ich liebe beispielsweise Blumen sehr, Stillleben und Genre-Bilder, auch mit sozialen Themen. In Russland gibt es einige private feste Käufer, das sind sowohl ganz normale Menschen wie auch Künstler, Businessleute und Banker. Aber der Hauptabnehmer meiner Werke ist der private Fonds „Kultur Immobilien“, in deren Kollektion sich mehr als 70 meiner Arbeiten befinden. Fast alle Käufer haben meine Bilder im Internet gefunden, ich nehme aber auch regelmäßig an ganz unterschiedlichen Ausstellungen teil, aber das Internet bleibt die einzige Quelle von Informationen für meine Sammler. Ich habe nicht nur einmal zur Kenntnis genommen, dass sich meine Werke in privaten Sammlungen von bekannten und prominenten Businessmen und Offiziellen befinden – sie haben sie mit Hilfe von Vermittlern und Galerien gekauft.

Und inwiefern hat das Gesetz auch dein persönliches Leben verändert?

Mein persönliches Leben haben die neuen Gesetze nicht verändert. Mein privates Leben war immer die Kunst und mein treuester Partner ist die Staffelei.

Musst du nicht ständig in Angst leben, seit das Anti-Gay-Gesetz eingeführt wurde?

Die neuen Gesetze haben zusätzliche neue Ängste gebracht, die russische Gesellschaft ist sehr träge. Veränderungen brauchen Zeit.

Wie sieht die Situation im Internet aus, hat sich da auch etwas verändert für die Community?

Im Internet hat sich die Situation bisher nicht geändert, in der Bevölkerung gibt es auch keine Veränderungen, aber auch keine Einheit, keinen Zusammenhalt.

Du reist viel in der Welt. Bist du durch deine Erfahrungen in Russland nun auch im Ausland ein vorsichtiger Mensch geworden, wenn es um das Thema Homosexualität geht?

Bisher habe ich nur Europa bereist. Die Freiheit der Selbstdarstellung dort, gepaart mit einem hohen Maß an Sicherheit haben einen großen Eindruck auf mich gemacht.

Arbeitest du mit Models, die dir als Vorlage dienen oder entstehen die Bilder aus deiner Fantasie?

Ich verwende alle Mittel, um meine Ziele zu erreichen. Ich arbeite sowohl mit Modellen, als auch mit Fotografien und natürlich mit meiner Fantasie. Ich zeichne regelmäßig Modelle live, das ist ein gutes Training fürs Auge und für die Hand, gleichzeitig aber macht es auch viel Freude und Inspiration mit einem lebenden Menschen zu arbeiten. Während der Arbeit ergeben sich Gespräche, man lernt den Menschen, auch in seinen verschiedenen Facetten kennen. Wenn der Mensch nackt ist, benimmt er sich anders. Manche sind zögerlich, manche sind stolz auf ihren Körper. Für mich ist es interessant, die Verhaltensmuster und die Veränderungen in der Pose zu beobachten und zu fixieren.

Wie lange arbeitest du an einem Bild?

Skizzen nach der Natur zeichne ich in 3 bis 4 Stunden. Für ein Ölbild benötige ich zwischen einem Tag und einem Monat. Es hängt von der Bildgröße ab und davon wie schwierig die Komposition ist.

Wie groß ist das größte Bild, das du bisher gemalt hast?

Ich habe leider nur ein kleines Atelier, so dass ich nicht viele große Bilder malen kann. Das größte Bild war 3 Meter lang und 2 Meter hoch.

Deine Bilder hängen ja auch in der Schweiz in privaten Sammlungen. Erzähl doch mehr davon… Wie hast du die Kontakte zur Schweiz hergestellt, wie viele Bilder sind es und wo hängen sie?

In der Schweiz, in Martini, leben Freunde von mir. Ich war bei ihnen verschiedentlich zu Gast. Sie haben bereits eine Sammlung von etlichen Werken. Ich habe in ihrem Restaurant eine kleine Ausstellung mit Blumenstillleben gemacht. Dadurch haben ihre Freunde meine Arbeiten kennengelernt und einige Bilder gekauft. Bisher hat sich aber in der Schweiz keine Galerie gefunden, die mich vorstellen möchte.

Wo in Russland lebst du?

Ich lebe in Togliatti, im Oblast Samara. Togliatti ist eine Stadt mit fast einer Million Einwohner. In Togliatti werden Autos, Düngemittel und Kautschuk hergestellt. Aber es gibt wenig Möglichkeiten für Ausstellungen. Es gibt eine sehr gute Sammlung des Sozialistischen Realismus in der Städtischen Galerie. Aber für wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst reicht dort der Platz nicht.

Wie ist da die Situation für Schwule und Lesben?

In Togliatti gibt es zwei Clubs für Schwule und Lesben. Inzwischen ist einer geschlossen, nachdem es einen Überfall gab und vier Männer verletzt wurden.

Kann man in den Großstädten wie Moskau oder St. Petersburg noch überhaupt unbekümmert auf eine Gay-Party gehen?

Leider nicht ohne Gefahr, auch in den großen Städten gibt es Überfälle. Aber das Leben geht weiter und es werden neue Klubs entstehen.