Die klassische Schönheitsgalerie, das sind Bildnisse von Frauen. Natürlich! Natürlich? Schon König Ludwig I. von Bayern beauftragte die besten Maler seines Landes, um die schönsten Maiden, die auf dem bayerischen Lande so blühten, in einer Schönheitsgalerie zu verewigen. Im Schloss Nymphenburg zu München sind sie noch heute zu sehen: feine, samtene, geschnürte Rotbäckchen. Ludwig war schon ein womanizer der Königsklasse, und es war eine Frau, in der er seinen Meister fand. Jene pseudo-spanische Tänzerin mit dem berauschenden Namen Lola Montez, deren Auftritte in Europa Tumulte nach sich zogen und die sich in München den Regenten zur Brust nahm, weswegen Ludwig schließlich seinen Thron verlor. Die Rede ist ganz klar von Ludwig I., nicht von Ludwig II. Der hätte vielleicht für einen kräftigen robusten Landburschen auf seinen Thron verzichtet. Doch diesen naheliegenden Vorschlag hat ihm damals offenbar keiner gemacht. An so was wagte man noch nicht einmal zu denken. Und leider hat Ludwig II. es versäumt, ein Gegenstück zur Galerie seines Großvaters in Auftrag zu geben und die bayrischen Bauernburschen, Holzknechte, Senner, Jäger und Bierfahrer in ihrer Schönheit zu verewigen. Ganz sicher wären die Maler Zeugen eines anderen Lebens geworden, das mancher heute aufregender fände als die weiblichen Fleischpralinchen in der Galerie von Nymphenburg. Doch dafür war die Zeit erst recht nicht reif.
Robert C. Rore: Männerbilder / Portraits of Men
Mit einer Einleitung von Arnold Stadler und Texten von Boris von Brauchitsch
deutsch / englisch, Format 28×24 cm, über 200 Abbildungen
148 Seiten, Hardcover
Edition Braus, Berlin, ISBN 978-3-86228-023-0
29,95; Online versandkostenfrei bestellen