Archiv für den Monat: Februar 2011

Die Kunstbehandlung auf historischem Boden

Es stehen Arbeiten an der Bausubstanz der Galerieräume an. Dies nehmen wir zum Anlass für einen historischen Blick auf die Ausstellungsflächen.
Galerie Kunstbehandlung München
In der Dokumentation des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege liest sich die Beschreibung für die Müllerstraße 40 folgendermaßen: Ehemaliges Optisches Institut, viergeschossiger, palastartiger Bau mit seitlichen Risaliten, reiche Gliederung in klassizistischen Formen, mittig mit Marienfigur und Büsten Fraunhofers und Utzschneiders, von Josef Höchl, 1829.

Tatsächlich verbirgt sich hinter der Beschreibung „Ehemaliges Optisches Institut“ die Keimzelle der heutigen Fraunhofer Forschungsinstitute. Die Büsten Fraunhofers und Utzschneiders an der Schaufassade geben Hinweis auf die Gründer des Mathematisch-mechanischen Instituts von 1804, aus dem das Optische Institut hervorging, das in diesem „palastartigen“ Haus im Jahre 1829 seinen repräsentativen Firmensitz nahm. Das Haus gehört somit unter technik- und wissenschaftsgeschichtlichen sowie unter architektonischen Aspekten zu den bedeutenden Baudenkmälern des Klassizismus in München.

Müllerstraße 40 München
„Fraunhofer erklärt seinen Freunden das Spektroskop“ nach einem Gemälde von Rudolf Wimmer (*1849 – +1915). Von links nach rechts: Joseph von Utzschneider, Joseph von Fraunhofer, Georg von Reichenbach, Georg Merz.


Zahlreiche Geschichten und Anekdoten ranken sich um den Bau in der Müllerstraße 40. Zunächst einmal jene um den genialen Josef von Fraunhofer, der die Fertigstellung des Gebäudes leider nicht mehr erlebte. Er fand seine letzte Ruhestätte auf dem unweit des Hauses gelegenen „Alten Südfriedhof“, wo sein stets mit Blumen geschmücktes Grabmal bis heute erhalten ist. Es trug, bis der Stein durch einen neuen ersetzt wurde, die Grabinschrift „Aproximavit sidera“ – er brachte die Gestirne näher.

Irgendwie passt dieser Spruch auch zur Aufbruchsstimmung in den frühen Jahren des bayrischen Königreiches und somit zu diesem Haus, dessen Gemäuer und Gebälk diesen Geist bis heute bewahrt hat. Immerhin war es dem „Optischen Institut“ dank der Erfindungen des genialen Autodidakten Josef von Fraunhofer und dem Geschäftssinn des Josef von Utzschneider gelungen, die bis dahin unangefochtene Vormachtstellung der Engländer auf dem Gebiet optischer Geräte zu brechen. Die besten Peri- und Teleskope kamen fortan aus der Müllerstraße und fanden weltweit ihre Abnehmer.

Apropos Gebälk: Unter dem großen Walmdach des Hauses mit seinem auffälligen Erker verbergen sich drei weitere, vom Straßenniveau aus nicht erkennbare Etagen. In dem bis ins zweite Stockwerk des Dachaufbaues ragenden Erker befindet sich ein „Wartezimmer“, in dem die Herrschaften Platz nahmen, bis das sich in der darüber liegenden Etage in der Mitte des Daches befindliche Teleskop in Stellung gebracht war, um eine bestimmte Sternenkonstellation oder eine Sonnen- oder eine Mondfinsternis zu beobachten. Das hierfür nach Plänen von Josef von Fraunhofer konstruierte Teleskop ist heutzutage in der Sammlung des Deutschen Museums auf der Münchner Museumsinsel zu bewundern. An einigen Stellen des „Wartezimmers“ haben sich in dem sonst kahlen Raum an ein paar Stellen Reste der Originaltapete erhalten.

Kunstbehandlung München
Historische Ansicht des Hauses Müllerstraße 40 um ca. 1900. Deutlich zu erkennen ist der dreigeschossige Dachaufbau, in dem sich die Sternwarte befand. Im Anbau links auf Straßenniveau befinden sich heute die Räume der Kunstbehandlung.

Wie es dazu kam, und wie das ganze Haus den Bombenhagel des zweiten Weltkrieges, in der Schlussphase seiner Dachschindeln entblößt, überstand, ist eine andere Geschichte. Von Zeit zu Zeit, gelegentlich an den Tagen des offenen Denkmals, wird hier deutsche und bayerische Geschichte greifbar. Die Räume der Kunstbehandlung befinden sich teilweise in der ehemaligen Kutschenremise und als Anbau neben dem Gewölbe, in dem sich der Versuchsschmelzofen befand.

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